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WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Die Bundesknappschaft v. Alfredo Gonzo

Case No. D2002-0804

 

1. Die Parteien

Der Beschwerdeführer ist die Bundesknappschaft, Königsallee 175, D 44781 Bochum. Ihr bevollmächtigter Vertreter ist PwC RA GmbH.

Der Beschwerdegegner ist Alfredo Gonzo, c/o Haus D R.414eON, Bergmannsglückstr. 41-43, D 45896 Gelsenkirchen

 

2. Domainname und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens ist der Domainname <knappschaft.com>.

Die Domainvergabestelle ist Schlund & Partner AG, Erbprinzenstrasse 4-12, D 76133 Karlsruhe.

 

3. Verfahrensablauf.

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (kurz: "Center") per E-Mail am 27. August 2002, und in körperlicher Form am 30. August 2002, in englischer Sprache ein. Das Center bestätigte den Eingang der Beschwerdeschrift am 29. August 2002, und wies den Beschwerdeführer am 30. August 2002, darauf hin, dass die Verfahrenssprache deutsch ist. Am 3. September 2002, ging die Beschwerdeschrift elektronisch und am 12. September 2002, in körperlicher Form in deutsch ein. Die Domainvergabestelle bestätigte am 29. August 2002, dass der Beschwerdegegner der Inhaber des Domainnamens <knappschaft.com> und auch dessen administrative Kontaktperson ist.

Nach einem Schriftwechsel hinsichtlich erforderlicher Kopien der Beschwerdeschrift stellte das Center fest, dass die Beschwerde den Anforderungen der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy („Verfahrensordnung") und der Ergänzenden Verfahrensregeln der WIPO genügt und dass ordnungsgemäss gezahlt wurde. Das Beschwerdepanel ist überzeugt, dass dies zutrifft.

Am 17. September 2002, wurde die Beschwerdeschrift ordnungsgemäss zugestellt und das Beschwerdeverfahren eingeleitet. Da innerhalb der gesetzten Frist keine Beschwerdeerwiderung einging, erging am 8. Oktober 2002, eine Mitteilung der Säumnis des Beschwerdegegners.

Am 14. Oktober 2002, teilte das Center mit, dass ein Beschwerdepanel in der Person von Herrn Dr. Gerd F. Kunze bestellt wurde und dass das Panelmitglied eine Annahmeerklärung und eine Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit abgegeben hat. Das Center erhielt keine weiteren Eingaben. Das für den Erlass der Entscheidung festgesetzte Datum ist der 28. Oktober 2002.

 

4. Sachverhalt

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer ist Inhaber sämtlicher Rechte im Zusammenhang mit dem Namen „Knappschaft", der von seinen Rechtsvorgängern seit dem 15. Jahrhundert für ihre Leistungen im Rahmen von Sozialversicherungen verwendet wurde. Er entstand 1969 aus einem Zusammenschluss von 9 regionalen Knappschaften. Der offizielle Name „Bundesknappschaft" besteht somit erst seit 1969; der Beschwerdeführer wird aber weiterhin allgemein „Knappschaft" genannt und verwendet diese Geschäftsbezeichung auch selbst in seiner Werbung. Während die Knappschaft ursprünglich als für die soziale Sicherheit und Sozialversicherung der Bergleute zuständige Stelle gegründet wurde, bietet der Beschwerdeführer heute ein breit gefächertes Leistungsspektrum an, das unter anderem eigene Knappschaft-Krankenhäuser und Knappschaft-Reha-Kliniken umfasst. Diese Leistungen werden nicht nur den im Bergbau tätigen Mitgliedern vielmehr einem breiten Publikum angeboten. Dies ergibt sich nicht nur aus Informationen, die auf der Homepage <knappschaft.de> des Beschwerdeführers zu finden sind, vielmehr auch aus Presseartikeln, die der Beschwerdeführer als Anlage 3 überreicht hat. Neben einer öffentlichrechtlich geregelten Aufgabe im Bereich der Sozialversicherung bietet der Beschwerdeführer somit unter der Bezeichnung „Knappschaft" auch privatrechtliche Leistungen an. Dies bedeutet, dass der Beschwerdeführer als öffentlich-rechtlichen Körperschaft den Namen „Bundesknappschaft" führt, gleichzeitig aber auch die Bezeichnung „Knappschaft" verwendet, unter anderem als privatrechtliches Unternehmenskennzeichen und markenrechtlich zur Kennzeichnung der von ihm erbrachten Dienstleistungen. Ausserdem ergibt sich aus dem Sachvortrag des Beschwerdeführers und aus den eingereichten Unterlagen, dass der Beschwerdeführer unter dieser Bezeichnung allgemein für seine Leistungen bekannt ist.

Am 19. August 2002, forderte der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner auf, den Domainnamen <knappschaft.com> gegen Erstattung der durch die Eintragung entstandenen Ausgaben an ihn zu übertragen.

B. Beschwerdegegner

Der Domainname <knappschaft.com> wurde am 25. April 2001, eintragen und steht im Namen des Beschwerdegegners. Wie sich aus einem Ausdruck der Website "www.knappschaft.com" vom 19. August 2002, (Annex 6 zur Beschwerdeschrift) ergibt, hatte der Beschwerdegegner eine Website unter dem Domainnamen eingerichtet, die den Text enthielt: „Hier entsteht eine neue Internetpräsenz" (dokumentiert durch Annex 7 zur Beschwerdeschrift). Ausserdem lässt der Beschwerdegegner den Domainnamen zum Verkauf anbieten. Gemäss näherer Beschreibung des Angebots wird der Domainname auf einer ansonsten englischsprachigen Website auf deutsch als „Bergmännischer Begriff, ähnlich der Krankenkasse Bundesknappschaft" beschrieben und ein Preis von 2000 Euro verlangt. Ausserdem wird der Besucher der Website zur Abgabe eines Angebots aufgefordert (Anlage 8 zur Beschwerdeschrift).

Der Beschwerdegegner hat auf die Aufforderung des Beschwerdeführers, den Domainnamen auf ihn zu übertragen nicht geantwortet.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdeführer

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass (1) der Domainname <knappschaft.com> mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist; (2) der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainname hat; und (3) dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner hat es versäumt, eine Beschwerdeerwiderung einzureichen. Er hat daher das Vorbringen der Beschwerde nicht bestritten und das Beschwerdepanel wird auf der Grundlage des Vorbringens der Beschwerde entscheiden, wobei es die aus der Säumnis von ihm als angemessen erachteten Schlüsse ziehen wird (Paragraph 14(b) der Verfahrensordnung).

 

6. Entscheidungsgründe

Paragraph 4(a) der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy ("Richtlinie") führt drei Elemente auf, die der Beschwerdeführer nachweisen muss, um die Feststellung zu rechtfertigen, dass der Domainname des Beschwerdegegners auf den Beschwerdeführer zu übertragen ist:

1) dass der Domainname <knappschaft.com> mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfähig ähnlich ist;

2) dass der Beschwerdegegner weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainname hat; und

3) dass der Domainname bösgläubig registriert wurde und benutzt wird

1) Verwechslungsgefahr mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdeführer Rechte herleitet

Der Beschwerdeführer beruft sich in erster Linie auf seine Rechte an dem Unternehmenskennzeichen „Knappschaft" gemäss § 5 Absatz 2 des deutschen Markengesetzes. Er übersieht dabei, dass er aus diesem Unternehmenskennzeichen im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine Rechte herleiten kann, da unter der Verfahrensordnung nur Rechte an einer Marke (geschützt für Waren oder Dienstleistungen) geltend gemacht werden können. Vorschläge zur Erweiterung der Anwendung des Verfahrens auf Unternehmenskennzeichen werden seit 2001 diskutiert, jedoch wurden diese jedenfalls bisher nicht umgesetzt. Entscheidungen von Beschwerdepanels, in denen Namen bekannter Persönlichkeiten geschützt wurden, wurden auf Rechte dieser Persönlichkeiten an so genannten „common law trademarks" gestützt, da unter der Richtlinie Recht nicht nur aus eingetragenen sondern auch aus nur benutzten Marken geltend gemacht werden können.

Auch wenn der Beschwerdeführer insoweit keine Rechtsgrundlage nennt, beruft er sich doch an zwei Stellen der Beschwerdeschrift im Zusammenhang mit den von ihm angebotenen Leistungen auf seine Markenrechte an der Bezeichnung „Knappschaft". Der Beschwerdeführer verfügt offensichtlich nicht über Rechte an einer eingetragenen Marke „Knappschaft". Markenrechte können unter dem deutschen Markengesetz aber nicht nur durch Eintragung (§ 4, Ziffer 1), vielmehr auch durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr entstehen, wenn das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat (§ 4, Ziffer 2). Aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers und in Würdigung der von ihm eingereichten Unterlagen ist das Beschwerdepanel überzeugt, dass der Bezeichnung „Knappschaft" eine solche Verkehrsgeltung zugunsten des Beschwerdeführers zukommt. Der Beschwerdegegner hat hiergegen keine Einwendungen erhoben. Im Gegenteil spricht die Beschreibung des Domainnamens <knappschaft.com> als „Bergmännischer Begriff, ähnlich der Krankenkasse Bundesknappschaft" im Kaufangebot des Beschwerdegegners dafür, dass er selbst davon ausgeht, dass die Bundesknappschaft und damit auch der Begriff Knappschaft den deutschsprachigen Besuchern der Website, auf welcher der Domainname angeboten wird, geläufig ist.

Der Domainname <knappschaft.com> ist identisch mit der Marke „Knappschaft", an der der Beschwerdeführer somit Rechte geltend machen kann (der Bestandteil „.com" muss bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr unberücksichtigt bleiben). Der Beschwerdeführer geht daher zu Recht davon aus, dass Besucher der Website <knappschaft.com> erwarten können, auf dieser Website seine Angebote vorzufinden. Statt dessen wurden Besucher jedenfalls bis 19. August auf eine in Vorbereitung befindliche Website hingewiesen, die bei ihnen den Eindruck erwecken konnte, dass der Beschwerdeführer noch nicht über eine Website verfügt und somit im Internet nicht erreichbar ist.

2) Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Der Beschwerdegegner ist weder Vertreter noch Lizenznehmer des Beschwerdeführers. Er benutzt den Domainnamen <knappschaft.com> zur Zeit weder für eine eigene kommerzielle noch für eine nicht-kommerzielle Tätigkeit.

Da der Beschwerdegegner unter dem Domainnamen <knappschaft.com> keine eigenen Aktivitäten betreibt, kann er auch nicht unter diesem Domainnamen bekannt geworden sein.

Mangels eines Vorbringens des Beschwerdegegners kommt das Panelmitglied daher zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdegegner keine Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen <knappschaft.com> hat.

3) Bösgläubige Eintragung und Benutzung

Damit eine Beschwerde Erfolg haben kann, muss das Beschwerdepanel überzeugt sein, dass der Domainname bösgläubig eingetragen wurde und bösgläubig benutzt wird (Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie).

Eine typische Fallgestaltung hierfür sieht die Richtlinie in Umständen, die darauf hinweisen, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert oder erworben hat, ihn gegen ein Entgelt, welches seine belegten, unmittelbar mit der Registrierung des Domainnamens verbundenen Aufwendungen übersteigt, zu verkaufen. Das Panelmitglied ist überzeugt, dass diese Fallgestaltung vorliegend erfüllt ist, denn die einzige Aktivität, die der Beschwerdegegner seit Registrierung des Domainnamens <knappschaft.com> entwickelt hat, besteht darin, ihn zum Verkauf für einen Preis von nicht weniger als 2000 Euro anbieten zu lassen. Wie der Beschwerdeführer belegt hat, antworten die Verantwortlichen der Website, auf welcher der Domainname zum Verkauf angeboten wird, auf ein Angebot, das die Summe von 2000 Euro nicht erreicht, dass dieses nicht akzeptiert werden kann. Die Eintragung eines Domainnamens durch die Vergabestelle Schlund & Partner kostet hingegen nur 9 Euro (gemäss Preisliste, Annex 11), so dass der geforderte Preis weit über die Eintragungskosten hinaus geht. Zugleich ergibt sich aus der Beschreibung des Domainnamens, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer und dessen Geschäftsbezeichnung und Dienstleistungsmarke „Knappschaft" kennt, somit den Domainnamen in Kenntnis der Rechte des Beschwerdeführers zum Kauf anbietet und überdies dem potentiellen Käufer eine Verwendung des Domainnamens in einer Weise schmackhaft macht, die auf den Beschwerdeführer hinweist.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der früheren Benutzung der Website "www.knappschaft.com", da dort nur auf eine zukünftige Website Präsenz hingewiesen wurde, die offensichtlich nicht ernsthaft geplant war. Auch dieser Hinweis ist inzwischen entfallen und dem Besucher wird nur noch mitgeteilt, dass er einen falschen Domainnamen gewählt habe.

Da der Beschwerdegegner nicht auf die Aufforderung des Beschwerdeführers reagiert hat, ihm den Domainnamen <knappschaft.com> gegen Erstattung der Unkosten zu übertragen, und in Ermangelung anderweitigen Vorbringens des Beschwerdegegners ist das Panelmitglied daher überzeugt, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen bösgläubig eingetragen hat und benutzt.

 

7. Entscheidung

Das Beschwerdepanel entscheidet dass die Beschwerde alle drei Voraussetzungen von Paragraph 4(a) der Richtlinie bewiesen hat.

Gemäss Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung ordnet das Beschwerdepanel die Übertragung des Domainnamens <knappschaft.com> auf den Beschwerdeführer an.

 


 

Dr. Gerd F. Kunze
Einzelpanelist

Datum: 24. Oktober 2002

 

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