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WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

Marie Claire Album S.A. v. Ronny Mьller

Verfahren Nr. D2005-0047

 

1. Die Parteien

Die Beschwerdefьhrerin (die “Beschwerdefьhrerin”) in diesem Verfahren ist Marie Claire Album S.A., Issy Les Moulineaux, Frankreich, vertreten durch Geneviиve Raffini.

Der Beschwerdegegner (der “Beschwerdegegner”) in diesem Verfahren ist Ronny Mьller, Auleben, Deutschland.

 

2. Domain Name und Domainvergabestelle

Der streitige Domainname lautet <marie-claires-fetischwelt.com> (der “Domainname”), registriert bei Cronon AG (die “Domainvergabestelle”), Berlin, Niederlassung Regensburg, Deutschland.

 

3. Verfahrensablauf

Am 14. Januar 2005, wurde per E-Mail beim World Intellectual Property Organization Arbitration and Mediation Center (das “Center”) eine Beschwerdeschrift (die “Beschwerde”) in englischer Sprache eingereicht. Am 18. Januar 2005, folgte diese auch in Papierform. Am 22. Februar 2005, informierte die Domainvergabestelle darьber, dass der gegenstдndliche Domainname bei Cronon AG registriert sei und dass der Beschwerdegegner im aktuellen Verfahren Inhaber des Domainnamens sei.

Am 25. Februar 2005, teilte das Center dem Beschwerdefьhrer mit, dass gemдss der Verfahrensordnung Paragraph 11 bei Fehlen einer abweichenden Parteivereinbarung oder einer abweichenden Regelung in der Registrierungsvereinbarung das Verfahren in der Sprache der Registrierungsvereinbarung durchgefьhrt werden soll, welche im vorliegenden Fall deutsch sei. Im Weiteren wies das Center die Beschwerdefьhrerin darauf hin, dass es der Beschwerdeschrift an den Angaben der Domainvergabestelle mangle.

Die verbesserte Beschwerdeschrift in deutscher Sprache wurde dem Center am 3. Mдrz 2005, elektronisch und am 7. Mдrz 2005, in Papierform von der Beschwerdefьhrerin zugestellt. Dies geschah in Ьbereinstimmung mit der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die “Richtlinie”) der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (“ICANN”) vom 24. Oktober 1999, den Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die “Verfahrensordnung”), und den WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (die “Ergдnzenden Verfahrensregeln”).

Am 8. Mдrz 2005, schickte das Center dem Beschwerdegegner die Mitteilung einer Beschwerde und der Einleitung des Beschwerdeverfahrens (die “Beschwerdemitteilung”) zu. Die Frist zur Einreichung einer Beschwerdeerwiderung wurde auf den 28. Mдrz 2005 festgesetzt.

Mit Datum vom 21. Mдrz 2005, per E-Mail und vom 29. Mдrz 2005, per Post ging innert Frist die Beschwerdeerwiderung des Beschwerdegegners ein.

Der Beschwerdefьhrer entschied sich fьr einen einzelnen Beschwerdepanelisten, mit dem sich der Beschwerdegegner explizit einverstanden erklдrte. Das Center lud den Unterzeichnenden daraufhin ein, als Einzelpanelist in diesem Verfahren mitzuwirken und schickte ihm eine Annahmeerklдrung und Erklдrung der Unbefangenheit und Unabhдngigkeit, die ordnungsgemдss unterschrieben am 7. April 2005, zurьckgesandt wurde. Das Center teilte den Parteien daraufhin gleichentags die Bestellung des Unterzeichnenden als Einzelpanelist mit.

 

4. Sachverhalt

Die folgenden Fakten und Aussagen sind der Beschwerde sowie ihren Beilagen und der Beschwerdeerwiderung sowie ihrer Beilage zu entnehmen.

Die Beschwerdefьhrerin ist eine unter anderem im Verlagswesen tдtige Gesellschaft franzцsischen Rechts und Eigentьmerin zahlreicher nationaler, europдischer und internationaler Marken, unter welchen sie ihre Produkte und Dienstleistungen im Markt anbietet. Darunter befinden sich die franzцsischen Marken MARIE CLAIRE (TM Nr. 1712118, TM Nr. 1712366), die internationalen Marken MARIE CLAIRE, MARIE*CLAIRE und MARIE-CLAIRE (TM Nr. R338976, TM Nr. 2R193599, TM Nr. R318394) sowie auch die deutschen Marken MARIE CLAIRE (TM Nr. 2074034, TM Nr. 30367443). Die Handelsmarke MARIE CLAIRE wird in Frankreich seit 1937, als Bezeichnung fьr eine Frauenzeitschrift verwendet, welche unterdessen in 25 internationalen Ausgaben vertrieben wird. Im Weiteren betreibt die Beschwerdefьhrerin verschiedene Websites zur Vermarktung ihres Angebots unter den Domainnamen <marieclaire.com>, <groupemarieclaire.com>, <marieclaire.fr>, <marieclairemagazine.com> und <marieclaire-magazine.com>.

Der Beschwerdegegner ist eine natьrliche Person und betreibt unter dem gegenstдndlichen Domainnamen eine Website, auf der er gewisse Teilgebiete der Fetischwelt darstellt. Der Domainname wurde vom Beschwerdegegner am 31. Mдrz 2004 registriert.

Der Beschwerdefьhrerin zufolge wurde der Beschwerdegegner von ihr zweimal, am 22. April 2004, und am 15. September 2004, per Einschreiben abgemahnt und aufgefordert, von der weiteren Verwendung des Domainnamens Abstand zu nehmen.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdefьhrer

Die Beschwerdefьhrerin behauptet, dass der streitige Domainnamen mit ihren Marken verwechslungsfдhig sei, ferner, dass der Beschwerdegegner keine Rechte bzw. kein berechtigtes Interesse hinsichtlich des Domainnamens habe, dass der Domainname bцsglдubig registriert worden sei und bцsglдubig genutzt werde. Deshalb sei der Domainname auf die Beschwerdefьhrerin zu ьbertragen.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner fьhrt an, er habe im Zeitpunkt der Registrierung von den Marken der Beschwerdefьhrerin keine Kenntnis gehabt. Beim Namen “marie claire” handle es sich um einen Kьnstlernamen. Im Ьbrigen sei der Domainname nicht mit den Marken der Beschwerdefьhrerin zu verwechseln. Vielmehr liege der Versuch eines reverse domain name hijacking einer erfolgreichen und viel besuchten Website vor. Deshalb verlange er die vollumfдngliche Abweisung der Beschwerde.

 

6. Entscheidungsgrьnde

Paragraph 4(a) der Richtlinie bestimmt, dass der [die] Beschwerdefьhrer[in] kumulativ das Folgende zu beweisen hat:

(i) dass der Domainname mit einer Marke, aus welcher der [die] Beschwerdefьhrer[in] Rechte herleitet, identisch oder verwechselbar дhnlich ist,

(ii) dass der [die] Beschwerdefьhrer[in] weder Rechte noch berechtigte Interessen an dem Domainnamen hat und

(iii) dass der Domainname bцsglдubig registriert wurde und genutzt wird.

a) Identischer oder verwechselbar дhnlicher Domainname

Der Domainname lautet <marie-claires-fetischwelt.com>. Wenn auch offensichtlich keine Identitдt mit einer der oben umschriebenen Marken der Beschwerdefьhrerin besteht, ist die verwechselbare Дhnlichkeit des Domainnamens mit letzteren aufgrund der vollumfдnglichen Wiedergabe des prдgenden Bestanteils “marie claire” nдher zu prьfen.

Es besteht mittlerweile eine gefestigte UDRP-Praxis, welche generischen oder nicht abhebungsfдhigen Zusдtzen bei einer vollstдndigen Ьbernahme einer Marke in einen Domainnamen die Fдhigkeit, die Дhnlichkeit eines Domainnamens mit der respektiven Marke zu verhindern, abspricht (statt vieler, Microsoft Corporation v. S.L. Mediaweb, WIPO Verfahren No. D2003-0538). Dieser Rechtsprechung muss auch im vorliegenden Fall gefolgt werden. Die Marke MARIE CLAIRE der Beschwerdefьhrerin ist vollstдndig im Domainnamen wiedergegeben, wobei der Zusatz “fetischwelt” den Gesamtausdruck des letzteren nicht wesentlich verдndert. Im Ьbrigen sind auch die Marken MARIE-CLAIRE und MARIE*CLAIRE in umfassender Form im Domainnamen enthalten.

Im Weiteren fдllt der zur Marke hinzugefьgte generische Zusatz aus der Warte eines durchschnittlichen Internetanwenders nicht per se ausserhalb des Tдtigkeitsgebietes der durch die Marke identifizierten Beschwerdefьhrerin. So bietet sie zum Beispiel auf der Website unter dem Domainnamen <marie-claire.com> unter anderem eine Rubrik “Love & Sex” an.

Nicht unterscheidungskrдftig ist auch das an “marie-claire” angehдngte “s”, ein in der deutschen Sprache allgemein gдngiger und grammatikalisch notwendiger Zusatz zur Bildung des Genetivs eines Namens. Ein deutschsprachiger Internetbenutzer wird dies ohne weiteres als solchen deuten und nicht etwa von einem anderen Wort oder Sinn ausgehen.

Letztlich ist auch der Zusatz eines generic top level domain, wie z.B. “.com”, nach gдngiger Praxis bei der Beurteilung der verwechselbaren Дhnlichkeit eines Domainnamens mit einer Marke ohne Belang (statt vieler, Ruby’s Diner, Inc. v. Joseph W. Popow, WIPO Verfahren No. D2001-0868).

Vor diesem Hintergrund ist fьr das Beschwerdepanel eine verwechselbare Дhnlichkeit des Domainnamens zu den aufgefьhrten Marken der Beschwerdefьhrerin im Sinne von Paragraph 4(a)(i) der Richtlinie ausreichend dargetan.

b) Rechte oder berechtigtes Interesse am Domainnamen

Gemдss Paragraph 4(c) der Richtlinie kann ein Beschwerdegegner seine Rechte und berechtigten Interessen am Domainnamen darlegen. Insbesondere folgende Umstдnde beweisen die Rechte beziehungsweise berechtigten Interessen des Beschwerdegegners am Domainnamen, falls vom Beschwerdepanel nach Wьrdigung aller vorgelegten Beweismittel als nachgewiesen erachtet:

(i) Der Beschwerdegegner hat den Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen im Zusammenhang mit einem gutglдubigen Angebot von Waren und Dienstleistungen benutzt oder eine solche Benutzung nachweislich vorbereitet, bevor er eine Mitteilung ьber das Beschwerdeverfahren erhielt;

(ii) Der Beschwerdegegner ist (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen allgemein bekannt, auch wenn er kein Recht an einer Marke erworben hat; oder

(iii) Der Beschwerdegegner nutzt den Domainnamen in rechtmдssiger nichtgewerblicher oder sonst lauterer Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irrefьhrender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen.

Der Beschwerdegegner ist ьbereinstimmenden Angaben zufolge weder Lizenznehmer noch Vertreter der Beschwerdefьhrerin. Er gibt allerdings an, bei “Marie Claire” handle es sich um einen Kьnstlernamen, macht aber bezьglich dessen Verwendung und deren Dauer keine Angaben. Im Ьbrigen hat es der Beschwerdegegner versдumt, Beweise oder sonstige Tatsachen und Umstдnde vorzubringen, die auf ein Recht oder berechtigtes Interesse seinerseits schliessen lassen kцnnten. Insbesondere konnte er nicht aufzeigen, dass er weder bevor Kenntnis der Einleitung dieses Verfahrens Vorbereitungen fьr ein gutglдubiges Angebot von Waren und Dienstleistungen traf, noch dass er unter dem Domainnamen schon vor Anhдngigmachen dieser Beschwerde allgemein bekannt war.

Demnach hat die Beschwerdefьhrerin auch die Anforderung von Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie erfьllt.

c) Bцsglдubige Anmeldung oder Nutzung des Domainnamens

Paragraph 4(b) der Richtlinie fordert, dass der Domainname bцsglдubig angemeldet wurde und genutzt wird, und nennt - nicht abschliessend - die folgenden vier Umstдnde, die, falls vom Beschwerdepanel festgestellt, Nachweis der bцsglдubigen Registrierung und Nutzung beinhalten:

(i) Umstдnde, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn dem Beschwerdefьhrer, der Inhaber der Marke ist, oder einem seiner Wettbewerber gegen Entgelt, welches seine nachweisbaren, mit dem Domainnamen unmittelbar in Verbindung stehenden Unkosten ьbersteigt, zu verдussern, zu vermieten oder auf andere Weise zu ьbertragen;

(ii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seiner Marke entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt;

(iii) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschдftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern, oder

(iv) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-Prдsenz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit der Marke des Beschwerdefьhrers hinsichtlich Herkunft, Unterstьtzung, Zugehцrigkeit oder Billigung seiner Website, seiner Online-Prдsenz oder von auf seiner Website oder Online-Prдsenz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat.

Aufgrund der Gesamtumstдnde bestehen ьberwiegende Indizien, welche aufzeigen, dass der Beschwerdegegner sehr wohl von den Marken der Beschwerdefьhrerin wusste. Dafьr sprechen zum Beispiel gerade seine eigenen Recherchen im Internet, wo die Marken der Beschwerdefьhrerin ьberaus zahlreich und an prominenter Stelle auftauchen. Im Weiteren hдtte der Beschwerdefьhrer, wenn er sich eines solchen prominenten Kennzeichens bedient, von den Marken der Beschwerdefьhrerin wissen mьssen, insbesondere, wenn er sich eines Mediums bedient, in welchem auch die Beschwerdefьhrerin unter ihrem Kennzeichen und ihrer gleich lautenden Firma zahlreich vertreten ist. Vor diesem Hintergrund kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Beschwerdegegner sich der Marken der Beschwerdefьhrerin bediente, um durch die dadurch geschaffene Verwechslungsgefahr auf Kosten der Beschwerdefьhrerin in gewinnerzielender Absicht Internetbenutzer auf seine Website zu locken. Damit ist die bцsglдubige Registrierung wie auch deren Benutzung durch den Beschwerdegegner erstellt.

Das Beschwerdepanel kommt daher zum Schluss, dass der Beschwerdefьhrer die Voraussetzungen von Paragraph 4(a)(iii) der Richtlinie ebenfalls ausreichend bewiesen hat.

d) Reverse Domain Name Hijacking

Soweit der Beschwerdegegner sinngemдss geltend macht, seitens der Beschwerdefьhrerin liege ein Versuch eines reverse domain name hijacking vor, konnte er diesen Vorwurf weder durch seine Ausfьhrungen noch durch die eingereichten Unterlagen erhдrten. Vielmehr bestehen starke Anzeichen, dass der Beschwerdegegner schon kurz nach seiner Registrierung des Domainnamens zweimal von der Beschwerdefьhrerin abgemahnt wurde. Im Ьbrigen fьhren die Vorbringen des Beschwerdegegners vor dem Hintergrund des erbrachten Beweises der Beschwerdefьhrerin im Sinne von Paragraph 4(a) (i), (ii) und (iii) der Richtlinie ins Leere.

 

7. Entscheidung

In Anbetracht der oben erwдhnten Tatsachen und Umstдnde entscheidet das Beschwerdepanel, dass der streitgegenstдndliche Domainname mit der registrierten Marke der Beschwerdefьhrerin verwechselbar дhnlich ist, dass der Beschwerdegegner keine Rechte beziehungsweise kein berechtigtes Interesse hinsichtlich des Domainnamens hat und dass der Domainname bцsglдubig angemeldet wurde und genutzt wird.

Entsprechend wird dem Begehren der Beschwerdefьhrerin auf Ьbertragung des Domainnamens <marie-claires-fetischwelt.com> in diesem Verfahren nach der Richtlinie stattgegeben.


Bernhard F. Meyer-Hauser
Einzelpanelist

Datum: 19 April 2005

 

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