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WIPO Arbitration and Mediation Center

 

EXPERTENENTSCHEID

ABB Asea Brown Boveri Ltd , ABB Ltd, ABB Immobilien AG v. Andre B. Bally

Verfahren Nr. DCH2007-0007

 

1. Die Parteien

Die Gesuchstellerinnen sind ABB Asea Brown Boveri Ltd. (Gesuchstellerin I), ABB Ltd. (Gesuchstellerin II), ABB Immobilien AG (Gesuchstellerin III), vertreten durch Zimmerli, Wagner & Partner AG, Schweiz.

Der Gesuchsgegner ist Andrй B. Bally, Heimberg, Schweiz.

 

2. Streitiger Domain-Name

Gegenstand des Verfahrens ist <abb-immo.ch> (nachfolgend der „Domain-Name”).

Die Domainvergabestelle ist SWITCH, Zьrich, Schweiz.

 

3. Verfahrensablauf

Das Gesuch ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (das „Center”) am 12. Juni 2007 ein. Das Gesuch stьtzt sich auf das Verfahrensreglement von SWITCH fьr Streitbeilegungsverfahren fьr „.ch” und „.li” Domainnamen („Verfahrensreglement”), welches am 1. Mдrz 2004 in Kraft getreten ist.

Am 15. Juni 2007, bestдtigte die Domainvergabestelle SWITCH, dass der Gesuchsgegner Inhaber und die administrative Kontaktperson des Domainnamens ist. Das Center stellte fest, dass das Gesuch den formellen Anforderungen des Verfahrensreglements entspricht.

Am 20. Juni 2007, wurde das Gesuch ordnungsgemдss zugestellt und das Streitbeilegungsverfahren eingeleitet. Die Frist fьr die Einreichung einer Gesuchserwiderung war der 10. Juli 2007.

Die Gesuchserwiderung traf elektronisch am 10. Juli 2007, und per Post am 12. Juli 2007 beim Center ein. Am 11. Juli 2007 bestдtigte das Center den Empfang der Gesuchserwiderung des Gesuchsgegners vom 10. Juli 2007, worin der Gesuchsgegner seine Bereitschaft zur Teilnahme an einer Schlichtungsverhandlung erklдrte. Im Anschluss an die Benachrichtigung des Schlichters, teilte das Center den Parteien mit Schreiben vom 20. August 2007, mit, dass die Schlichtungsverhandlung nicht zu einem Vergleichsschluss gefьhrt habe, dass jedoch die Parteien versuchen werden, wдhrend eines Monates zu einer friedlichen Einigung zu gelangen. Das Verfahren wurde daher bis zu 20. September 2007 sistiert.

Am 20. September 2007, wurde das Verfahren in Ьbereinstimmung mit Paragraph 19 des Verfahrensreglements fortgesetzt und das Center bestellte am 12. Oktober 2007, Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser als Experten. Der Experte stellt fest, dass er ordnungsgemдss bestellt wurde und hat in Ьbereinstimmung mit Paragraph 4 des Verfahrensreglements seine Unabhдngigkeit erklдrt.

 

4. Sachverhalt

Die Gesuchstellerinnen I und III wurden als Folge des Zusammenschlusses der schweizerischen BBC Brown Boveri AG und der schwedischen Asea AB im Jahre 1988 gegrьndet und im Handelsregister eingetragen. Die ABB Ltd. (Gesuchstellerin II) wurde im Jahre 1999 gegrьndet. Sie ist die oberste Muttergesellschaft des ABB-Konzerns, der aus ьber 337 konsolidierten Tochtergesellschaften weltweit besteht. Die Aktien der ABB Ltd. sind am SWX Swiss Exchange, an der Stockholmer Bцrse und am New York Stock Exchange (NYSE) kotiert und werden unter der Bezeichnung „ABB Ltd. N” gehandelt.

Die Gesuchstellerin I ist Inhaberin von folgenden Markeneintragungen in der Schweiz:

- Nr. P-407.466 ABB (Logo), Kl. 35-37, 41-42

- Nr. P-407.467 ABB (Logo), Kl. 35-38, 41-42

- Nr. P-407.487 ABB, Kl. 35-37, 41-42

- Nr. 496.792 ABB (Logo), Kl. 1-4, 6-12, 14, 16-21, 25-26, 28, 35-45

- Nr. 496.793 ABB (Logo), Kl. 1-4, 6-12, 14, 16-21, 25-26, 28, 35-45

- Nr. 496.830 ABB, Kl. 1-4, 6-12, 14, 16-21, 25-26, 28, 35-45

Der strittige Domain-Name <abb-immo.ch> wurde am 6. Mai 2004 durch die INA Ingena GmbH (Kontakt: Bruder des Gesuchsgegners) registriert. Diese Domain wurde auf den Gesuchsgegner transferiert, dessen Einzelfirma nicht im Handelsregister eingetragen ist.

 

5. Parteivorbringen

A. Gesuchsteller(innen)

Die Gesuchstellerinnen machen geltend, dass sie sich als Aktiengesellschaften durch die Eintragungen im Handelsregister auf ihr Firmenrecht berufen kцnnen und zudem den Schutz des Lauterkeitsrechts geniessen. In Zusammenhang mit den Markeneintragungen stьtzen sich die Gesuchstellerinnen auf das MSchG und verweisen insbesondere auf die Markeneintragung Nr. P-407.487 ABB, welche u.a. Schutz im Zusammenhang mit dem „Kauf, Verkauf, Vermietung und Verwaltung von Liegenschaften und Immobilien” beansprucht (Kl. 36).

Die Gesuchstellerinnen erheben an die Adresse des Gesuchsgegners den Vorwurf, unlauter zu handeln, da er mit der Schaffung einer Verwechslungsgefahr das Publikum bewusst in die Irre zu fьhren versuche. Es liege ein Verstoss gegen Treu und Glauben vor. Zudem versuche sich der Gesuchsgegner einen finanziellen Vorteil aus den Kennzeichen der Gesuchstellerinnen zu verschaffen, indem er die Internetbenutzer auf seine Website lenke.

Die Gesuchstellerinnen beantragen, den streitgegenstдndlichen Domain-Namen auf die Gesuchstellerin I zu ьbertragen.

B. Gesuchsgegner

Der Gesuchsgegner macht geltend, bei der Namenswahl seiner Einzelfirma durch die gesetzlichen Schranken verpflichtet gewesen zu sein. Er heisse nun einmal Andrй B. Bally. Eine Verwechslungsgefahr sei dadurch ausgeschlossen, dass im Bernbiet er, der Gesuchsgegner, mit der Abkьrzung „ABB” in Verbindung gebracht werde, nicht die Gesuchstellerinnen. Der Gesuchsgegner beantragt daher, die erhobenen Forderungen seien abzuweisen.

 

6. Entscheidungsgrьnde

Gemдss Paragraph 24(a) des Verfahrensreglements hat der Experte ьber das Gesuch unter Einhaltung des Verfahrensreglements, anhand der Vorbringen beider Parteien und der eingereichten Schriftstьcke zu entscheiden.

Der Experte gibt dem Gesuch statt, wenn die Registrierung oder Verwendung des Domain-Namens eine klare Verletzung des Kennzeichenrechts darstellt, das den Gesuchstellerinnen nach dem Recht der Schweiz zusteht.

Eine klare Verletzung liegt insbesondere dann vor, wenn:

(i) sowohl Bestand als auch die Verletzung des geltend gemachten Kennzeichenrechts sich klar aus dem Gesetzeswortlaut oder aus einer anerkannten Auslegung des Gesetzes und den vorgetragenen Tatsachen ergeben und durch die eingereichten Beweismittel ergeben; und

(ii) der Gesuchgegner keine relevanten Verteidigungsgrьnde schlьssig vorgetragen und bewiesen hat; und

(iii) die Rechtsverletzung, je nach dem im Gesuch erhobenen Rechtsbegehren, die Ьbertragung oder Lцschung des Domain-Namens rechtfertigt.

Diese Voraussetzungen werden nachfolgend geprьft:

(i) Verletzung eines Kennzeichenrechts

Die Gesuchstellerin I ist Inhaberin der Marke „ABB”, welche 1987 erstmals in der Schweiz registriert wurde. Die Gesuchstellerinnen II und III haben Nutzungsrechte an dieser Marke. Entsprechend haben alle Gesuchstellerinnen den Nachweis eines Kennzeichenrechts gemдss Paragraph 24 (d)(i) des Verfahrensreglements ausreichend erbracht.

Der streitgegenstдndliche Domain-Name ist <abb-immo.ch>. Dieser enthдlt, als Ganzes, das markenrechtlich geschьtzte Kennzeichen „ABB” der Gesuchstellerinnen.

Das schweizerische Bundesgericht hat in einem Leitentscheid festgehalten, dass Domain-Namen in ihrer Funktion die dahinter stehenden Personen, Produkte bzw. Sachen oder Dienstleistungen identifizieren und deshalb vergleichbar seien mit Personennamen, Firmen oder Marken (vgl. BGE 126 III 239, 244).

Ist ein Zeichen namen-, firmen- oder markenrechtlich geschьtzt, kann dessen Inhaber Unberechtigten die Verwendung dieses Zeichens als Domain-Namen verbieten, weil die unbefugte Verwendung eine Verwechslungsgefahr schafft, indem die entsprechende Website dem Falschen zugerechnet werden kann (Urteil 4C.141/2002 in sic! 2003 438 ff.).

Da den Gesuchstellerinnen nach Art. 13 Abs. 1 und 2 lit. c MSchG das ausschliessliche Recht zukommt, die Marke zu gebrauchen, kцnnen sie anderen verbieten, dieses Zeichen zu gebrauchen.

Es fragt sich jedoch, ob der Buchstabenfolge „ABB” im streitgegenstдndlichen Domain-Namen Kennzeichenfunktion zukommt. Sonst mьsste eine Verwechslungsgefahr verneint und damit ein Anspruch auf Ьbertragung des Domain-Namen abgewiesen werden. Dass eine Verwechslung tatsдchlich stattgefunden hat, ist nicht erforderlich (BGE 128 III 401 E. 5).

Hier besteht kein Zweifel daran, dass das Kьrzel „abb” fьr das Gesamtbild des Domain-Namen kennzeichnend ist. Zum einen ist es graphisch durch einen Gedankenstrich vom Bestandteil „immo” getrennt und damit hervorgehoben, zum andern stellt „immo” eine gдngige Abkьrzung fьr die Immobilienbranche dar, was nicht ausreicht, um den markenmдssigen Eindruck von „abb” zu entkrдften und eine verwechselbare Дhnlichkeit mit der Marke der Gesuchstellerin I auszuschliessen (vgl. RKGE sic! 2005, 804 - otto-office.com). Nach stдndiger WIPO UDRP Praxis genьgt es zur Vermeidung der verwechselbaren Дhnlichkeit nicht, einer bekannten Marke einen beschreibenden Zusatz im Domain-Namen beizufьgen (vgl. Microsoft Corporation v. S.L., Mediaweb, WIPO Entscheid Nr. D2003-0538). Zudem besteht, angesichts der ьberragenden Bekanntheit der Firma und der Kennzeichen der Gesuchstellerinnen, kein Zweifel daran, dass interessierte Kunden unter dem Domain-Namen <abb-immo.ch> primдr das Angebot der Gesuchstellerin III zu finden erwarten und nicht das Angebot des Gesuchsgegners (vgl. Feldschlцsschen Getrдnke Holding AG v. Raphael Hintermann, WIPO Entscheid Nr. 2004-0017). Vor diesem Hintergrund muss eine Verwechslungsgefahr und damit die Verletzung der Kennzeichenrechte der Gesuchstellerinnen bejaht werden.

Die Anforderungen von Paragraph 24 (d)(i) sind erfьllt.

(ii) Verteidigungsgrьnde

Der Gesuchsgegner macht geltend, sein Name sei durch Art. 29 ZGB geschьtzt und er habe mit seiner Geburt einen Prioritдtsanspruch.

Es besteht seitens des Gesuchsgegners zwar ein Recht auf die Fьhrung seines Namen (Andrй Bernhard Bally), auch im Geschдftsverkehr, jedoch nicht ein Recht auf die Verwendung von dessen Abkьrzung (A.B.B.). Die Marke ABB steht, wie erwдhnt, seit 1987 im Geschдftsverkehr, den Gesuchstellerinnen zu ausschliesslichem Gebrauche zu. Daran дndert nichts, dass der Gesuchsgegner, wie er behauptet, aber nicht belegt, unter dem Kьrzel „ABB” im Bernbiet bekannt sei.

Die Gesuchstellerinnen haben angesichts der ьberragenden Bekanntheit ihres Namens und ihrer Marke „ABB” das stдrkere Recht am Gebrauche des Kennzeichens, selbst wenn man mit dem Gesuchsgegner annehmen wollte, seine Abkьrzung A.B.B. geniesse Namenschutz (vgl. Sociйtй des Produits Nestlй S.A. v. Pro Fiducia Treuhand AG, BGE 4C.376/2004, Erwдgung 3, und weiterhin BGH, Urteil vom 22.11.2001, I ZR 138/99, shell.de). Der Gesuchsgegner hдtte viele Varianten zur Domainnamenwahl gehabt, die eine Verwechslungsgefahr mit der Marke der Gesuchsstellerinnen unwahrscheinlich gemacht hдtten. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Internetadressen so zu wдhlen, dass Verwechslungen mit geschьtzten Kennzeichen Dritter vermieden werden (BGE 128 III 401).

Es ist offensichtlich, dass dem Gesuchsgegner, wie seinem Bruder, die Bekanntheit der Marke „ABB” im Zeitpunkt der Registrierung des streitgegenstдndlichen Domain-Namens bewusst gewesen sein musste. Der Umstand, dass der Gesuchsgegner auf Gesuch der Gesuchstellerinnen hin sein Logo verдnderte, impliziert zudem das Bewusstsein der Problematik seiner Domainnamenswahl.

Somit kommt der Experte zum Schluss, dass der Gesuchsgegner keine schlьssigen Verteidigungsgrьnde vorgetragen hat.

(iii) Rechtsverletzung rechtfertigt die Ьbertragung

Aufgrund dieser Sachlage rechtfertigt sich die Ьbertragung des Domain-Namens auf die Gesuchstellerin I.

 

7. Entscheidung

In Ьbereinstimmung mit Paragraph 24 des Verfahrensreglements, ordnet der Experte, die Ьbertragung des streitgegenstдndlichen Domainnamens <abb-immo.ch> auf die Gesuchstellerin I an.


Dr. Bernhard F. Meyer-Hauser
Experte

Datum: 26.10.2007

 

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