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WIPO Arbitration and Mediation Center

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

IIC-INTERSPORT International Corporation GmbH v. Sportalm Salner

Verfahren Nr. D2009-1306

1. Die Parteien

Beschwerdefãhrerin ist IIC-Intersport International Corporation GmbH aus Bern, Schweiz, vertreten durch BMP Associés, Schweiz.

Beschwerdegegnerin ist Sportalm Salner aus Ischgl, Österreich, vertreten durch Binder Grösswang, Österreich.

2. Domain Namen und Domainvergabestelle

Die streitigen Domainnamen <intersport-ischgl.com> und <ischgl-intersport.com> (die „Domainnamen") sind bei Key-Systems GmbH dba domaindiscount24.com, Zweibrãcken, Deutschland, (die „Domainvergabestelle") registriert.

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerde ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (dem „Zentrum") am 2. Oktober 2009 per E-Mail und am 6. Oktober 2009 per Post ein. Am 2. Oktober 2009 hat das Zentrum eine Bitte um Prãfung der Registrierungsdaten hinsichtlich der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen an Key-Systems GmbH dba domaindiscount24.com geschickt. Am 5. Oktober 2009 ãbermittelte Key-Systems GmbH dba domaindiscount24.com das Prãfungsergebnis per E-Mail an das Zentrum in dem sie bestГ¤tigte, dass die Beschwerdegegnerin Inhaberin und administrative Kontaktperson fãr die Domainnamen ist. Die Domainvergabestelle teilte darãber hinaus mit, dass die Sprache der Registrierungsvereinbarung Deutsch ist. Am 20. Oktober 2009 sandte das Zentrum eine Mitteilung per E-Mail an die Parteien und teilte mit, dass die Beschwerde in Abweichung von Paragraf 11 der Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Verfahrensordnung") nicht in der Sprache der Registrierungsvereinbarung eingereicht wurde und forderte die Beschwerdefãhrerin auf, einen Nachweis zu fãhren, dass eine Vereinbarung bezãglich der Verfahrenssprache mit die Beschwerdegegnerin getroffen wurde, die festlegt, dass Englisch die Verfahrenssprache dieses Verfahrens sein soll, die Beschwerde auf Deutsch ãbersetzt einzureichen oder einen Antrag zu stellen, dass die Verfahrenssprache Englisch sein soll. Die Beschwerdegegnerin antwortete auf diese E-Mail mit E-Mail vom 23. Oktober 2009 und sprach sich ausdrãcklich gegen Englisch als Verfahrenssprache aus. Das Zentrum teilte der Beschwerdefãhrerin daraufhin mit, dass es beschlossen hat, die Beschwerde auf Englisch zu akzeptieren, die Beschwerdeerwiderung auf Deutsch oder Englisch zu akzeptieren und es dem Experten zu ãberlassen, ãber die zutreffende Verfahrenssprache zu entscheiden.

Das Zentrum stellte fest, dass die Beschwerde den formellen Anforderungen der Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „Richtlinie"), der Verfahrensordnung und der WIPO Supplemental Rules for Uniform Domain Name Dispute Resolution Policy (der „ErgГ¤nzenden Verfahrensregeln") genãgt.

Gemäß Paragrafen 2(a) und 4(a) der Verfahrensordnung wurde die Beschwerde der Beschwerdegegnerin fГ¶rmlich zugestellt und das Beschwerdeverfahren am 2. November 2009 eingeleitet. Gemäß Paragraf 5(a) der Verfahrensordnung endete die Frist fãr die Beschwerdeerwiderung am 22. November 2009. Am 20. November 2009 reichte die Beschwerdegegnerin eine Beschwerdeerwiderung ein.

Das Zentrum bestellte Torsten Bettinger am 30. November 2009 als Einzelpanelmitglied. Das Beschwerdepanel stellt fest, dass es ordnungsgemäß bestellt wurde. Das Beschwerdepanel hat eine Annahmeerklärung und Erklärung der Unbefangenheit und Unabhängigkeit gemäß Paragraf 7 der Verfahrensordnung abgegeben.

4. Sachverhalt

Die Beschwerdefãhrerin ist die geschГ¤ftsfãhrende Gesellschaft der Intersport-Gruppe. Diese verfãgt ãber ein breites Filialnetz von 5.200 assoziierten HГ¤ndlern in 37 LГ¤ndern. Die Beschwerdefãhrerin ist Inhaberin zahlreicher Marken INTERSPORT weltweit, die unter anderem Schutz in Deutschland, Г–sterreich und der Schweiz genieГџen. Die Marken beanspruchen unter anderem Schutz fãr Sportbekleidung, Werbung, Verleih von Sportausrãstung, Reparaturdienstleistungen im Bezug auf Sportausrãstung, Reiseveranstaltungen, sportliche AktivitГ¤ten und Beherbergung, sowie Verpflegung von GГ¤sten.

Die Beschwerdegegnerin hat die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen am 11 03 2005 (ischgl-intersport.com) und 17.02.2006 (intersport-ischgl.com) registriert und diese zunГ¤chst in Verbindung mit Ski- und Snowboardverkauf bzw. Ski- und Snowboardverleih sowie Skiservice genutzt. Die Beschwerdegegnerin ist darãber hinaus Inhaberin der Domainnamen <intersport-ischgl.at> und <ischgl-intersport.at> und betreibt unter <sportalm-salner.at> und <ischglrent.com> Webseiten, auf denen ihre Waren und Dienstleistungen angeboten werden.

Die Beschwerdegegnerin wurde am 22.10.2008 zunГ¤chst von der Intersport Austria Gesellschaft mbh, einer Tochter der Beschwerdefãhrerin, mit dem Hinweis angeschrieben, dass die Nutzung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen unzulГ¤ssig sei und aufgefordert, den Internetauftritt unverzãglich einzustellen. Eine Erwiderung auf dieses Schreiben blieb aus. Mit Schreiben vom 10.02.2009 wurde die Beschwerdegegnerin nochmals von der Intersport Austria Gesellschaft mbh angeschrieben und aufgefordert, die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen zu lГ¶schen. Auch auf dieses Schreiben erfolgte keine Antwort.

Mit Schreiben vom 23.07.2009 wurde die Beschwerdegegnerin schlieГџlich von der Bescherwerdefãhrerin selbst angeschrieben und zur Гњbertragung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen aufgefordert. In diesem Schreiben wurde eine pauschale EntschГ¤digung i.H.v. € 500,00 fãr die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen angeboten. Auch auf dieses Schreiben erfolgte keine Rãckmeldung. Die Beschwerdefãhrerin hat die Beschwerdegegnerin schlieГџlich mit Schreiben vom 03 09 2009 letztmalig unter Androhung von rechtlichen Schritten zur LГ¶schung der Domainnamen aufgefordert. Auch dieses Schreiben blieb unbeantwortet.

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdefãhrerin

Die Beschwerdefãhrerin trГ¤gt vor, dass:

(i) die streitgegenständlichen Domainnamen mit den Marken, aus denen sie Rechte herleitet, verwechslungsfähig ähnlich sind,

(ii) die Beschwerdegegnerin weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse an den Domainnamen hat, und

(iii) die Domainnamen bösgläubig registriert hat und benutzt.

Sie trГ¤gt vor, dass die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen mit den INTERSPORT-Marken verwechslungsfГ¤hig Г¤hnlich seien, da sie aus der Marke INTERSPORT und dem Begriff „Ischgl" bestehen, bei welchem es sich um die Bezeichnung eines bekannten Г¶sterreichischen Skiorts handelt. Der Verkehr gehe davon aus, dass die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen von einem zur Beschwerdefãhrerin gehГ¶renden HГ¤ndler genutzt wãrden und wãrde daher in die Irre gefãhrt.

Unter Bezug auf Paragraf 4(a)(ii) der Richtlinie trГ¤gt die Beschwerdefãhrerin vor, dass

- die Beschwerdegegnerin eine direkte Konkurrentin der Beschwerdefãhrerin sei;

- sie der Benutzung der Marke INTERSPORT durch die Beschwerdegegnerin nicht zugestimmt habe

- die Benutzung der Domainnamen den Verkehr in die Irre fãhre, da dieser annehme, die Domainnamen wãrden von einem mit der Beschwerdefãhrerin assoziierten Unternehmen genutzt;

- die Benutzung der Beschwerdegegnerin keine gutgläubige Benutzung im Sinne der Richtlinie sei;

- die Beschwerdegegnerin unter den streitgegenständlichen Domainnamen nicht allgemein bekannt sei und die Domainnamen nicht in legitimer nicht-kommerzieller Weise nutze.

Unter Bezug auf Paragraf 4(a)(iii) der Richtlinie trГ¤gt die Beschwerdefãhrerin vor,

- die INTERSPORT-Marken seien nicht wegen der umfangreichen SportsponsoringaktivitГ¤ten der Beschwerdefãhrerin weit bekannt;

- die Beschwerdegegnerin zum Zeitpunkt der Domainregistrierung Kenntnis von Markenrechten der Beschwerdefãhrerin gehabt habe, da es sich bei dieser um eine direkte Wettbewerberin der Beschwerdefãhrerin handele;

- die Domainnamen seien primГ¤r registriert worden, um den GeschГ¤ftsbetrieb der Beschwerdefãhrerin zu behindern und um aus der Verwechslung mit der Beschwerdefãhrerin einen kommerziellen Nutzen zu ziehen.

B. Beschwerdegegnerin

Die Beschwerdegegnerin bestreitet zunГ¤chst, dass die INTERSPORT-Marken mit den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen identisch oder verwechslungsfГ¤hig Г¤hnlich seien. Die Domainnamen bestãnden aus zwei Begriffen, von welchen der Begriff „Ischgl" als unterscheidungskrГ¤ftiger Zusatz geeignet sei, eine Verwechslungsgefahr zur Marke der Beschwerdefãhrerin auszuschlieГџen. Die Beschwerdegegnerin bestreitet in diesem Zusammenhang weiter, dass die Marke der Beschwerdefãhrerin in Г–sterreich rechtserhaltend benutzt wãrde und dass noch Rechte aus dieser Marke gegen die Beschwerdegegnerin hergeleitet werden kГ¶nnten.

Die Beschwerdegegnerin trГ¤gt weiter vor, dass sich aus den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen fãr die Internetnutzer lediglich der Hinweis darauf ergebe, dass unter diesen Angebote mit Bezug auf verschiedene sportliche AktivitГ¤ten in der Region Ischgl angeboten wãrden. Ischgl selbst sei eine Sportregion, die sowohl im Sommer als auch im Winter TourismusgГ¤ste beherberge. Eine Verwechslungsgefahr mit der Beschwerdefãhrerin oder die Annahme eines Internetnutzers, es handele sich um ein Angebot eines zur Organisation der Beschwerdefãhrerin gehГ¶renden SportgeschГ¤fts, sei weder zwingend noch wahrscheinlich. SchlieГџlich wãrden die Domainnamen derzeit nicht genutzt und es mangele daher an einem kennzeichenmäßigen Gebrauch der Domainnamen, welcher jedoch Voraussetzung fãr die Verletzung von Markenrechten der Beschwerdefãhrerin sei.

Allein der Umstand, dass die Beschwerdegegnerin unter dem Domainnamen <sportalm-salner.at> ein Angebot in den Bereichen Ski- und Snowboardverleih, Ski- und Snowboardverkauf und Skiservice prГ¤sentiere, begrãnde keinerlei Indiz fãr ein WettbewerbsverhГ¤ltnis zur Beschwerdefãhrerin im Bezug auf die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen, da diese derzeit nicht im Betrieb seien und es keinerlei Bezug zwischen den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen und dem Internetangebot unter <sportalm-salner.at> gebe.

Die Beschwerdegegnerin bestreitet ferner, dass die Beschwerdefãhrerin einen Umsatz von 8,5 Milliarden Euro mache und ãber mehr als 5.200 verbundene GeschГ¤fte in 37 LГ¤ndern verfãge. Diese Behauptung der Beschwerdefãhrerin stãnde auch der Annahme nicht entgegen, dass der Beschwerdegegnerin ein eigenes Recht oder berechtlichte Interesse an den verfahrensgegenstГ¤ndlichen Domainnamen zustehe. Der Bestandteil "intersport" in den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen habe keine besondere Bedeutung sondern kГ¶nne als „interdisziplinГ¤rer Sport", „interdisziplinГ¤re SportmГ¶glichkeit" oder auch „Sportangebot fãr internationale Interessen" im geografischen Bereich der Gemeinde Ischgl verstanden werden.

Die Beschwerdegegnerin bestreitet ferner, dass es sich bei der Marke INTERSPORT der Beschwerdefãhrerin um eine bekannte Marke im Sinne der Pariser Verbandsãbereinkunft handele und die Beschwerdegegnerin bei der Registrierung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen Kenntnis von der Marke der Beschwerdefãhrerin gehabt habe. Die Domainnamen seien lediglich deswegen registriert worden, da „intersport" eine Verbindung der Begriffe „Inter" und „Sport" mit rein beschreibendem Hinweis sei.

Die Beschwerdegegnerin weist schlieГџlich darauf hin, dass die Beschwerdefãhrerin in jedem Land ihrer TГ¤tigkeit eine eigene Webseite betreibe (z.B. unter <intersport.at> und <intersport.de>). Auf der jeweiligen nationalen Homepage kГ¶nne ãber einen Menãpunkt ein lokaler HГ¤ndler gesucht werden. Es sei daher keineswegs ãblich, Domainnamen zu verwenden, die aus den INTERSPORT-Marken und einem bestimmten Ortsnamen bestehen. Internetnutzer, die ein GeschГ¤ft der Beschwerdefãhrerin in Г–sterreich suchen, wãrden dieses ãber die bestehende Г¶sterreichische Webseite der Beschwerdefãhrerin versuchen.

Es sei allgemein bekannt, dass es im Internet zur Auffindung eines Anbieters darauf ankomme, den Domainnamen genau anzugeben, da bereits geringe Abweichungen zu unerwãnschten Ergebnissen fãhren kГ¶nnten. Jedenfalls kГ¶nne aus den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnahmen selbst keinesfalls geschlossen werden, dass die Beschwerdegegnerin bei der Registrierung bГ¶sglГ¤ubig war oder bezweckt habe, die GeschГ¤ftstГ¤tigkeit eines Wettbewerbers zu stГ¶ren.

Darãber hinaus zeige der lange Zeitraum zwischen der Registrierung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen und der ersten Kontaktaufnahme seitens der Beschwerdefãhrerin, dass die Beschwerdegegnerin bei der Registrierung nicht bГ¶sglГ¤ubig gewesen sei und damit unlautere Ziele bezweckt habe.

SchlieГџlich fãhrt die Beschwerdegegnerin aus, die Гњbertragung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen auf die Beschwerdefãhrerin habe zur Konsequenz, dass die Beschwerdefãhrerin dann ãber zusammengesetzte Domainnamen verfãgen wãrde, die einen Zeichenbestandteil umfassen, an dem sie keinerlei Rechte innehabe. Darãber hinaus wãrde die Гњbertragung der Domainnamen zu einer Verwirrung der Г–ffentlichkeit fãhren, da es bei der Beschwerdefãhrerin nicht ãblich sei, Domainnamen zu verwenden, die aus den INTERSPORT-Marken und einem bestimmten Ortsnamen bestehen.

6. Verfahrenssprache

Die Beschwerde wurde von der Beschwerdefãhrerin in englischer Sprache eingereicht obwohl von dem Registrar bestГ¤tigt wurde, dass der Registrierungsvertrag auf Deutsch geschlossen wurde.

Das Zentrum hat sГ¤mtliche Folgekorrespondenz mit den Parteien in deutscher und englischer Sprache gefãhrt. Die Beschwerdegegnerin hat der Verfahrenssprache Englisch widersprochen, jedoch in der Beschwerdeerwiderung inhaltlich zu dem englischen Vortrag der Beschwerdefãhrerin Stellung genommen. Das Beschwerdepanel geht daher davon aus, dass die Beschwerdegegnerin in der Warhnehmung ihrer rechtlichen Interessen nicht dadurch beeintrГ¤chtigt wurde, dass ihr keine deutsche Гњbersetzung der Beschwerdebegrãndung vorlag.

Die Entscheidungsbegrãndung war in deutscher Sprache abzufassen, da diese durch die Sprache des Registrierungsvertrages vorgegeben wird und die Beschwerdefãhrerin keine Grãnde vorgetragen hat, die es rechtfertigen kГ¶nnten, dass das Verfahren ausnahmsweise in Abweichung von der Sprache des Registrierungsvertrages auf Englisch hГ¤tte gefãhrt werden mãssen.

7. Entscheidungsgrãnde

Paragraf 4(a) der Richtlinie fãhrt drei Tatbestandsvoraussetzungen auf, deren Vorliegen der Beschwerdefãhrer nachweisen muss, um den geltend gemachten Anspruch auf Гњbertragung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen zu begrãnden:

(1) der streitgegenstГ¤ndliche Domainname muss mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdefãhrer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfГ¤hig Г¤hnlich sein;

(2) der Beschwerdegegner darf weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen haben; und

(3) der Domainname muss vom Beschwerdegegner bösgläubig registriert worden sein und benutzt werden.

A. Identität oder verwechslungsfähige Ähnlichkeit zwischen Marke und Domainnamen

Das Erfordernis der Identität und der verwechslungsfähigen Ähnlichkeit gemäß Paragraf 4(a) der Richtlinie ist nach der Entscheidungspraxis der Beschwerdepanel anders als im Markenrecht unabhängig von der Produktähnlichkeit, den Marketingkanälen und ähnlichen Faktoren zu beurteilen, sondern setzt lediglich voraus, dass zwischen Marke und streitgegenständlichem Domainnamen in phonetischer, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht Übereinstimmungen bestehen (vgl. Kirkbi AG v. Michele Dinoia, WIPO Verfahren Nr. D2003-0038; Gateway, Inc. v. Pixelera.com, Inc., WIPO Verfahren Nr. D2000-0109; The Vanguard Group, Inc. v. John Zuccarini, WIPO Verfahren Nr. D2002-0834).

Ausgangspunkt fãr die Prãfung der IdentitГ¤t bzw. verwechslungsfГ¤higen Г„hnlichkeit in diesem Sinne ist dabei allein die Second-Level-Domain, wГ¤hrend die jeweilige Top-Level-Domainnamen (z.B. „.com", „.net", „.org") aufgrund ihrer von den Nutzern erkannten technisch-funktionalen Bedeutung bei der vergleichenden Gegenãberstellung auГџer Betracht bleiben.

Nach den vorgenannten GrundsГ¤tzen besteht zwischen den INTERSPORT-Marken und den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen <intersport-ischgl.com> und <ischgl-intersport.com> verwechslungsfГ¤hige Г„hnlichkeit. Es ist anerkannt, dass geographischen ZusГ¤tzen wie dem Begriff „Ischgl" kein prГ¤gender Einfluss auf den Gesamteindruck eines Zeichens zukommt, da diese vom Verkehr ãblicherweise als beschreibende Angabe verstanden werden und diese daher der Annahme einer verwechslungsfГ¤higen Г„hnlichkeit nicht entgegenstehen (statt vieler Koninklijke Philips Electronics NV v. Gopan P.K., WIPO Verfahren Nr. D2001-0171). Die Voraussetzungen des Paragraf 4(a)(i) der Richtlinie liegen demnach vor.

Die Frage, ob die Г¶sterreichischen Marken der Beschwerdefãhrerin wegen Nichtbenutzung in Г–sterreich lГ¶schungsreif sind, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prãfen. Es ist in der Entscheidungspraxis allgemein anerkannt, dass ein Beschwerdefãhrer, der Inhaber einer registrierten Marke ist, die Voraussetzungen des Paragraf 4(a)(i) der Richtlinie erfãllt. Die Frage, ob die Marke wegen Nichtbenutzung oder absoluter Schutzhindernisse lГ¶schungsreif ist, kann wegen der Bindung des Schiedsgerichts an die Eintragung nicht als Einwendung geltend gemacht werden (vgl. Carboatmedia société par actions simplifiée v. Foreign Dimension, WIPO Verfahren Nr. D2008-0023; Yell Limited v. Ultimate Search, WIPO Verfahren Nr. D2005-0091; AIB-Vincotte Belgium ASBL, AIB-Vincotte USA Inc./Corporation Texas v. Guillermo Lozada, Jr., WIPO Verfahren Nr. D2005-0485). Der Beschwerdefãhrerin steht es freilich offen, in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten klГ¤ren zu lassen, ob die streitgegenstГ¤ndliche Marke rechtserhaltend benutzt wurde und der von der Beschwerdefãhrerin geltend gemachte Гњbertragungsanspruch zu Recht besteht.

Darãber hinaus setzt die Richtlinie nicht voraus, dass die Marke, auf die sich der Beschwerdefãhrer beruft, in dem Land geschãtzt ist, in dem die Registrierung und Benutzung des Domainnamens erfolgte (vgl. WIPO Overview of WIPO Panel Views on Selected Richtlinie Questions; Infospace.com Inc. v. Infospace Technology Co. Ltd., WIPO Verfahren Nr. D2002-0074; UNIVERSAL CITY STUDIOS, INC. v. GARETH EVANS, E-Resolution Verfahren Nr. AF-0207; Riyad Bank v J. Boschert, WIPO Verfahren Nr. D2001-1235, Funskool (India) Ltd. v. funschool.com Corporation, WIPO Verfahren Nr. D2000-0796; Uniroyal Engineered Products, Inc. v. Nauga Network Services, WIPO Verfahren Nr. D2000-0503).

Sollte die Beschwerdegegnerin der Auffassung sein, der geltend gemachte Anspruch auf Гњbertragung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen bestehe nicht, da die Marken der Beschwerdefãhrerin wegen Nichtbenutzung lГ¶schungsreif seien, steht es ihr frei, diese Frage durch Einleitung eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten zu klГ¤ren zu lassen.

B. Fehlendes Recht oder berechtigtes Interesse an den Domainnamen

Die GewГ¤hrung eines Гњbertragungsanspruches oder LГ¶schungsanspruches setzt gemäß Paragraf 4(a)(ii) der Richtlinie weiterhin voraus, dass sich der Domaininhaber nicht auf ein eigenes Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen berufen kann. Paragraf 4(c) der Richtlinie zГ¤hlt beispielhaft und nicht abschlieГџend drei UmstГ¤nde auf, die als Nachweis eines Rechts oder berechtigten Interesses genãgen. Ein Recht oder berechtigtes Interesses im Sinne des Paragraf 4(a)(ii) der Richtlinie soll danach insbesondere dann vorliegen, wenn unter Wãrdigung aller vorgetragenen Beweismittel festgestellt wird, dass

(1) der Domaininhaber den Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen vor Anzeige der Streitigkeit fãr ein gutglГ¤ubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat,

(2) der Domaininhaber allgemein (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen bekannt ist, selbst wenn er eine Marke nicht erworben hat, oder

(3) der Domaininhaber den Domainnamen in berechtigter nichtgewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irrefãhrender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen, verwendet.

Die Beweislast dafãr, dass dem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen zusteht, liegt, wie sich aus Paragraf 4(a) der Richtlinie ergibt, grundsГ¤tzlich beim Beschwerdefãhrer. Wenn dieser allerdings Tatsachen vortrГ¤gt, aus denen sich dem ersten Anschein nach ergibt, dass dem Beschwerdegegner kein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen zusteht, liegt es wiederum beim Beschwerdegegner, UmstГ¤nde darzulegen, aus denen sich sein Recht oder berechtigtes Interesse an dem Domainnamen ergibt.

Die Beschwerdefãhrerin hat dargelegt, dass ihr Markenrechte an dem Zeichen INTERSPORT zustehen und ausreichende Tatsachen vorgetragen, aus denen sich dem ersten Anschein nach ergibt, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder legitime Interessen an dem streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen hat. Es oblag daher der Beschwerdegegnerin, ein Recht oder berechtigtes Interesse an diesen Domainnamen nachzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin wendet ein, die streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen seien rein generisch und bestãnden aus der Ortbezeichnung „Ischgl" und dem beschreibenden Begriff „intersport", der als „interdisziplinГ¤rer Sport", „interdisziplinГ¤re SportmГ¶glichkeit" oder auch „Sportangebot fãr internationale Interessen" im geografischen Bereich der Gemeinde Ischgl verstanden werden kГ¶nne.

Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Zwar ist die Registrierung von beschreibenden Domainnamen rechtlich regelmäßig nicht zu beanstanden ist (vgl. Allocation Network GmbH v. Steve Gregory, WIPO Verfahren Nr. D2000-0016; Shirmax Retail Ltd./Détaillants Shirmax Ltée V. Ces Marketing Group Inc., E-Resolution Verfahren Nr. AF-0104; Robert Chestnutt v. Jennifer Tumminelli, WIPO Verfahren Nr. D2000-1758; Coming Attractions, Ltd. v. Comingattractions.Com, NAF Verfahren Nr. FA 94341; Choice Courier Systems, Inc. v. William H. Kirkendale, WIPO Verfahren Nr. D2002-0483).

Der Begriff „intersport", eine Kombination des lateinischen Wortes „inter" (= „zwischen") und des Begriffs „Sport" weist jedoch keinen eindeutigen beschreibenden Inhalt auf und wird daher vom Verkehr nicht sofort als rein beschreibender Hinweis auf bestimmte Waren und Dienstleistungen verstanden. Diese Annahme wird gestãtzt von dem Umstand, dass die INTERSPORT-Marken der Beschwerdefãhrerin in zahlreichen LГ¤ndern als unterscheidungskrГ¤ftig angesehen und als Wortmarken eingetragen wurden.

Die Beschwerdegegnerin hat auch keine sonstigen Grãnde vorgetragen, aus denen sich ein Recht oder berechtigtes Interesse ergeben kГ¶nnte. Das Beschwerdepanel kommt daher zu dem Schluss, dass die Beschwerdegegnerin keine Rechte oder legitime Interessen an dem Domainnamen hat und die Voraussetzungen des Paragraf 4(a)(ii) der Richtlinie ebenfalls vorliegen.

C. Bösgläubige Registrierung und Benutzung der Domainnamen

Damit eine Beschwerde Erfolg haben kann, muss das Beschwerdepanel ãberzeugt sein, dass der Domainname bГ¶sglГ¤ubig eingetragen wurde und bГ¶sglГ¤ubig benutzt wird.

Paragraf 4(b) der Richtlinie nennt nicht abschließend die folgenden vier Umstände, die, falls vom Beschwerdepanel festgestellt, den Nachweis der bösgläubigen Registrierung und Nutzung beinhalten:

(1) UmstГ¤nde, die darauf hindeuten, dass der Beschwerdegegner den Domainnamen vorrangig deshalb erworben hat, um ihn dem Beschwerdefãhrer, der Inhaber der Marke ist, oder einem seiner Wettbewerber gegen ein Entgelt, welches seine nachweisbaren, mit dem Domainnamen unmittelbar in Verbindung stehenden Unkosten ãbersteigt, zu verГ¤uГџern, zu vermieten oder auf andere Weise zu ãbertragen;

(2) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen in der Absicht registriert, den Inhaber der Marke an deren Wiedergabe in einem seiner Marke entsprechenden Domainnamen zu hindern, sofern sein Verhalten einem entsprechenden Muster folgt;

(3) der Beschwerdegegner hat den Domainnamen vorrangig in der Absicht registriert, den Geschäftsbetrieb eines Wettbewerbers zu behindern; oder

(4) der Beschwerdegegner hat willentlich und in Gewinnerzielungsabsicht versucht, durch die Benutzung des Domainnamens Internetbenutzer zu seiner Website oder zu einer anderen Online-PrГ¤senz zu lenken, indem er eine Verwechslungsgefahr mit der Marke des Beschwerdefãhrers hinsichtlich Herkunft, Unterstãtzung, ZugehГ¶rigkeit oder Billigung seiner Website, seiner Online-PrГ¤senz oder von auf seiner Website oder Online-PrГ¤senz angebotenen Produkten oder Dienstleistungen geschaffen hat.

Das Beschwerdepanel geht davon aus, dass die Beschwerdegegnerin die INTERSPORT-Marken, die nach eigener Kenntnis des Beschwerdepanels seit vielen Jahren bestehen und intensiv benutzt werden, zum Zeitpunkt der Registrierung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen gekannt hat. Die Beschwerdegegnerin bietet identische bzw. Г¤hnliche Waren und Dienstleistungen wie die Beschwerdefãhrerin an. Es liegt daher die Annahme nahe, dass die Beschwerdegegnerin die Marken der Beschwerdefãhrerin kannte, zumal am Ort des Sitzes der Beschwerdegegnerin in Ischgl ein mit der Beschwerdefãhrerin assoziiertes GeschГ¤ft mit mehreren Filialen betrieben wird (INTERSPORT Mathoy, <intersport-mathoy.at>).

Die Beschwerdegegnerin hat die streitgegenständlichen Domainnamen auch bösgläubig im Sinne der Richtlinie registriert und benutzt.

Die Beschwerdefãhrerin hat vorgetragen, dass die Domainnamen zunГ¤chst in Verbindung mit den Webseiten der Beschwerdegegnerin benutzt wurden. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdegegnerin die Domainnamen und die Marken der Beschwerdefãhrerin gezielt dazu verwendete, Internetnutzer zu ihren Website zu lenken, indem sie eine Verwechslungsgefahr mit dem Zeichen der Beschwerdefãhrerin hinsichtlich Quelle, Urheberschaft, ZugehГ¶rigkeit oder Unterstãtzung ihrer Webseiten oder von auf ihrer Webseite angebotenen Produkten oder Dienstleistungen begrãndete.

Da der Verkehr in den streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen einen Hinweis auf die Beschwerdefãhrerin sieht, fãhrt die Benutzung der Domainnamen auch dann zu einer die geschГ¤ftlichen Interessen berãhrenden Vewechslungsgefahr, wenn diese beim Betrachten der Website alsbald merken, dass die dort angebotenen Waren und Dienstleistungen nicht von dieser stammen. (vgl. Deutsche Telekom AG v. Michael Wilhelm, WIPO Verfahren Nr. D2002-0182; Bass Hotels & Resorts, Inc. v. Mike Rodgerall, WIPO Verfahren Nr. D2000-0568; Mick Jagger v. Denny Hammerton, NAF Verfahren Nr. FA 95261; Les Promotions Atlantiques Inc./Atlantic Promotion v. Stéphane B. Doing Business As Divertissements Cyber2000, E-Resolution Verfahren Nr. AF-0286).

An dieser Beurteilung Г¤ndert nichts, dass die Beschwerdegegnerin inzwischen die Benutzung der Domainnamen aufgegeben hat. Wurde ein Domainname erst einmal bГ¶sglГ¤ubig eingetragen und benutzt, entfГ¤llt die BГ¶sglГ¤ubigkeit im Sinne der Richtlinie nicht dadurch, dass die Beschwerdegegnerin diese Benutzung spГ¤ter aufgibt. Hinzu kommt, dass die Beschwerdegegnerin die Benutzung der streitgegenstГ¤ndlichen Domainnamen nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beschwerdefãhrerin erst nach Abmahnung durch die Beschwerdefãhrerin eingestellt hat.

Das Beschwerdepanel kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Domainnamen durch die Beschwerdegegnerin gemäß Paragraf 4(a)(iii) der Richtlinie bösgläubig registriert und verwendet wurden.

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Grãnden ordnet das Beschwerdepanel gemäß Paragrafen 4(i) der Richtlinie und 15 der Verfahrensordnung an, dass die Domainnamen <intersport-ischgl.com> und <ischgl-intersport.com> auf die Beschwerdefãhrerin ãbertragen werden.


Torsten Bettinger
Einzelbeschwerdepanelmitglied

Datum: 14 Dezember 2009

 

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